SRAM News und Fahreindrücke – Garda BIKE Festival IV: von c_g

Wie wir alle wissen war auch SRAM in den letzten alles andere als untätig – so wurden zuerst die sehr sinnigen Direct Mount Kettenblätter mit X-Sync Zahnprofil vorgestellt, dann kam der neue Boost Standard mit seinen Naben und passenden Federgabeln und zuletzt noch die neue SRAM GX Gruppe, die 11-fach für jedes Budget erreichbar machen soll und zugleich als erste SRAM 2×11 Gruppe ein ganz neues Kapitel aufgeschlagen hat.

1 SARM presentation

… ein Teil des SRAM/ROCK SHOX Marketing und Produktmanagement Teams bei der Präsentation.

Zum BIKE Garda Festival hatte ich das Vergnügen bei der SRAM/ROCK SHOX Präsentation anwesend zu sein, wo sich die Mannschaft von SRAM/ ROCK SHOX  sich größte Mühe gab uns die Neuerungen auf eine unterhaltsame und informative Weise zu vermitteln. Hier ein paar Eindrücke davon:

7 SRAM Boost

ROCK SHOX Mann Simno Citatti erklärt die Hintergründe zum kontrovers diskutierten neuen Boost Standard.

Dazu zählte auch eine ausführliche Erklärung dazu wie der neue Boost Standard überhaupt zustande kam und warum er so aussieht und nicht anders. Den Anfang der Sache machte bereits 2012 TREK, indem sie bei der Entwicklung des Remedy 29ers mit der Laufradsteifigkeit der großen Laufräder nicht so glücklich waren und nach Wegen gesucht haben das zu verbessern. Sie haben SRAM aktiv danach gefragt und so kam es, dass das Remedy das erste Bike war, das hinten eine 148 mm breite Achse hatte – also eine Nabe mit je 3 mm mehr Abstützbreite. Angeblich sollen damit die Steifigkeitswerte der 29er Laufräder dramatisch gestiegen sein – auf das Niveau der 27,5er Laufräder.

BOOST HR und Kurbel

Der Boost Standard ganz kompakt aus der Antriebsseite betrachtet: Breiter, steifer bei gleichem Q-Faktor.

Man habe mit allen möglichen Nabenbreiten experimentiert und hätte auch noch weiter gehen können, allerdings nur, wenn man dann auch die Achsbreite, also den Q-Faktor größer gemacht hätte. Um genau das zu vermeiden hat man die Kurbeln selber unangetastete gelassen und kurzerhand spezielle Kettenblätter konstruiert, die einen anderen Offset gegenüber der Kurbel haben und so den Antrieb und die Kettenlinie wieder gerade setzen. Ein weiterer Punkt wäre auch die Fußfreiheit gewesen, denn je breiter man hinten geht, desto eher neigt man auch dazu mit der Ferse an die Sitz- oder Kettenstreben zu stoßen. Das ist übrigens auch der Grund warum man nicht auf den schon existierenden 150 mm Standard aus dem DH-Sport zurückgegriffen hat – der dem Namen nach zwar nur 2 mm breiter ist, real aber eine 157 mm breite Achse hat und damit eben die Grenzen des Möglichen bei gleichem Q-Faktor überschritten hat.
Gleichzeitig kam auch das Thema der Plus Reifen auf und so kam die breitere Kettenlinie von Boost auch sehr gelegen um die 2,8-3,25“ breiten B+ oder eben 29+ Reifen in den neuen Rahmen unterzubringen – das war allerdings mehr ein positiver Nebeneffekt als ursprüngliche Intention. (Anmerkung der Redaktion: ROCKY MOUNTAIN ist bei der Entwicklung des Sherpa Overland Bikes das Thema Reifenfreiheit auf eine ganz andere Art angegangen und hat dass Argument der Kettenlinie und des Q-Faktors ganz anders interpretiert. Das Sherpa nimmt bewusst eine veränderte Kettenlinie und breitere Tretlagerachse (= einen größeren Q-Faktor) in Kauf und bekommt so sogar noch mehr Reifenfreiheit mit einer normalen 142×12 Achse hinten. Auch hier gibt es offensichtlich nicht nur schwarz und weiß.)

BOOST VR

Boost bringt am Vorderrad ganze 5 mm auf jeder Seite, was eine nochmal höhere Laufradsteifigkeit verspricht.

Nachdem man vorne keine Rücksicht auf den Antrieb oder andere Einflüsse nehmen muss, konnte man hier noch breiter gehen und hat gleich 10 mm zugelegt – von den bisher 100 mm Achsbreite auf ganze 110 mm. Damit erreicht man bei den Boost gabeln eine Reifefreiheit im B+ Format von bis zu 3,0“.
(Zur Erinnerung: FOX gibt ihre 2016er F34 Wide Gabel bei gleichem Achsstandard bis 3.25 frei – wegen des noch größeren Standrohrabstandes durch die nach innen versetzten Ausfallenden.)

8 SRAM Boost Torque Cap

Auch die verbreiterte Kontaktfläche der (optionalen) Torque Cap soll der Steifigkeit, sprich Lenkpräzision zugute kommen.

Es war SRAM auch sehr wichtig zu betonen, dass Boost keineswegs bisherige Produkte und Standards ablösen wird, sondern, dass es die bisherigen Maße und Formate auch weiterhin in vollem Umfang geben wird – Boost ist also lediglich eine zusätzliche Option. Bleibt abzuwarten wohin sich der Markt diesbezüglich entwickeln wird.

Ein zusätzliches Detail, das die Steifigkeit noch weiter pushen soll, ist die Torque-Cap Interface der neune Boost Gabeln. Über die vergrößerte Auflagefläche mit den neuen Torque-Cap Endkappen soll die Lenkpräzision noch mal spürbar verbessert werden.

Letztlich läuft es darauf hinaus, dass der Boost Antrieb die Laufradsteifigkeit über breitere Achsen noch mal erhöht ohne den bewährten Q-Faktor der Kurbeln damit auch verändern zu müssen. Die zusätzliche Reifenfreiheit, mit der sich damit die Rahmen konstruieren lassen ist dabei ebenfalls sehr willkommen. Bei den Gabeln ist es die gleiche Geschichte weswegen es neben den B+ kompatiblen 29er Gabeln SID, Reba und Pike auch noch eine reine 27,5 Pike geben wird – der höheren Steifigkeit willen.

Wir sind gespannt wie viele Hersteller auf diesen sinnvollen aber auch sehr kontroversen Standard aufspringen werden … wir vermuten – sehr viele.

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2 SRAM GX presentation

Die neue SRAM GX bringt das bekannte 1×11 Schaltkonzept nicht nur in die finanzielle Reichweite des Hobbybikers, sondern bring zusätzlich mit der 2×11 Gruppe auch eine Alternative für die Fahrer, welchen die 11 Gänge bisher zu wenig Übersetzungsbandbreite geboten haben.

Das zweite große Highlight ist die SRAM GX Gruppe, die neben dem Ziel eine erschwingliche 11-fach Schaltung zu sein (für die kommende Saison an Bikes ab der 1500.- Euro Klasse – deswegen auch die über Nieten zusammengefügte 10-42 Kassette) auch das Konzept einer extrem breit übersetzten 2×11 Schaltung einführt.

4 SARM GX 22_36 front 5 SARM GX 22_36

Mit der 2-fach Alukurbel mit 36/22 Zähnen ergibt das eine Bandbreite von sagenhaften 630 % und damit deutlich mehr als bisherigen 3×10 Kombinationen – mit der Gruppe gibt es sowohl bergauf wie auch auf schnellen Asphaltabfahrten wirklich keine Ausreden mehr …

3 SARM GX 2-fach Schaltwerk

Das spezielle für die 2×11 Anwendung entwickelte GX Schaltwerk sieht einem normalen Schaltwerk mit langem Käfig sehr ähnlich.

SRAM_MTB_GX_RD_11sp_Side_Red_MH SRAM_MTB_GX_RD_2X11sp_Side_Black_MH

Unten links dagegen das nur für 1×11 geeignete GX Schaltwerk mit stark versetzter oberer Schaltrolle. Recht dagegen das 2×11 Schaltwerk, das mit geringen Funktionseinbußen auch für 1×11 funktioniert.

Zu diesem Kunstgriff wird es zwei Schaltwerke geben – eines nur für 1×11 (wie bisher mit großem Versatz des oberen Schaltwerksröllchens und eines für 2×11– das fast schon wieder konservativ aussieht – oben abgebildet. Auf Nachfrage meinte SRAM’s Schaltungsexperte Chris Hilton, dass man das 2×11 Schaltwerk auch jederzeit mit 1×11 fahren kann, man dafür aber leichte Abstriche bei der Kettenführung in Kauf nehmen müsse.

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10 SARM GX Ride

Ein echter Kodak-Moment hoch oben über dem Gardasee – Danke SRAM für diese wunderschöne Ausfahrt.

Die Story zur bereits traditionellen SRAM Ausfahrt am Garda Festival ist aus technischer Seite schnell geschrieben – mit dem TREK Remedy 8, das komplett mit ROCK SHOX SRAM Komponenten aufgebaut war, ging es auf einen Shuttle Run über den bekannten Novene Trail hoch über dem Gardasee.

11nSRAM GX Ride Remedy

Der ROAM 40 Laufradsatz mit Boost Nabe hinten, dazu die neue GX 1 x1 Schaltung … das waren die hier zu beurteilenden Neuheiten bei dem Ride.

12 SRAM Ride (c_g)

Bereit für den Trail – das komplett in SRAM und ROCK SHOX gekleidete TREK Remedy 8 – samt Fahrer.

Neben der bekannten 29er Pike mit 140 mm Federweg (noch als 110×15 mm Version) und einer ebenfalls guten Bekannten, der SRAM Guide RSC Bremse (hier in der RS Version bereits ausführlich getestet), waren an dem Rad eine Boost HR und der neuen GX Gruppe – leider in der 1×11 Variante, denn die 2×11 hätte uns schon sehr interessiert. Die 2 ½ stündige Tour hat jedenfalls richtig viel Spaß gemacht und keine der Komponenten hat enttäuscht. Die Pike war auch hier ein Muster an Präzision und Federungsperformance. Die Guide RS Bremsen haben sich auch durch 1000 Tiefenmeter fast ohne Pausen und lange Dauerbremsungen nicht wirklich beeindrucken lassen und waren in ihrer Bremskraft und Modulation beispielhaft.

Das die ROAM 40 Laufräder, hinten mit Boost Nabe waren absolut unauffällig und sehr gut zu fahren. Ohne einen direkten Vergleich an einem bekannten Bike, tue ich mir schwer sie als „noch steifer“ oder „noch präziser“ zu bezeichnen. Ich sehe den Sinn dahinter warum man 29er Laufräder noch steifer und robuster machen will – schließlich sind sie nachweislich weicher als ihre kleineren Geschwister – gehöre aber zu den Fahrern, die trotz aggressiver Fahrweise und ordentlich Masse nicht unbedingt ständig über mangelnde Laufradsteifigkeit klagen. Daher bleibt mein Urteil über Sinn oder Unsinn von Boost derzeit noch offen ehe ich mehr Erfahrungen damit gesammelt habe. Auf alle Fälle haben mich die Laufräder sicher und pannenfrei über den zum teil wild verblockten Trail nach unten gebracht ;-).

15 SRAM GX Kurbel 14 SRAM GX Kassette_Schaltwerk
Die GX Kurbel mit Boost Kettenblatt,dazu die Schaltperformance der günstigsten 1×11 Schaltung, der SRAM GX – zwei Innovationen deren größtes Kompliment es ist, dass sie in der Praxis gar nicht auffallen.

Die SRAM GX 1×11 Gruppe hat sich ebenfalls als komplett unauffällig gezeigt: Das Schaltgefühl war weiterhin gewohnt ultrapräzise und knackig. Die Schaltperformance – ja, es gab ein paar kurze Gegenanstiege und flache Trailpassagen – war wie schon vorher von den deutlich teureren Gruppen bekannt. Und die Kettenführung war genau wie ich es von den anderen SRAM 1×11 Gruppen kenne – vorbildlich.
Summa Summarum – hat sich die neue und deutlich günstigere GX Gruppe genau so angefühlt, wie ihre teureren Geschwister – genau das Ziel das SRAM damit ereichen wollten. Wen also das moderate Mehrgewicht durch die einfacheren Herstellungsprozesse und günstigeren Materialien GX Gr uppe nicht abschrecken, findet hier echte Top-Performance zu einem sehr guten Preis. Wir sind gespannt wie viele Hersteller schon im OE Bereich auf die SRAM GX Gruppe zurückgreifen werden. Hoffentlich viele.

So weit von den SRAM Neuheiten, die unsere Berichterstattung vom BIKE Festival am Gardasee abschließen.

RIDE ON,
c_g