Das Fatbike Experiment II – Erste Erfahrungen mit dem SALSA Mukluk: von Grannygear

Dies ist der zweite Artikel auf meiner ganz individuellen Suche nach dem Sinn oder Unsinn von Fatbikes. Vielleicht nicht der klassische Testbericht wie ihr ihn sonst gewohnt seid, sondern mehr ein Erfahrungsbericht, wie es mir alten MTB-Hasen mit dem neuen Format „Fatbike“ so ergeht.

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„Das ist das breiteste Bikebox ich je gesehen habe“, dachte ich mir, als ich die Lieferung des 2015er SALSA Mukluk 3 angenommen habe. Die Montage selbst war sehr einfach und so konnte ich mich schon bald an die Bestandsaufnahme des Bikes machen. Als mein erstes Fatbike, war es einfach so anders als alle anderen Bikes in meiner Garage.

13 Mukluk 14 Mukluk 16 MuklukAuf meiner Waage kam das Mukluk 3 ohne Pedale auf 15,65 kg. Die Aluminium Bearpaw Gabel alleine kommt auf 971 g samt Stahlkralle. Na ja, andererseits muss man sich als Fatbiker mit einem schmalen Budget eben damit zufrieden geben etwas Hüftgold mit sich umher zu tragen. Schon komisch wenn ich daran denke, wie sehr ich mich bzw. wir uns bemühen um bei unseren anderen Bikes auch nur ein paar Gramm einzusparen und hier …. Na ja.

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Die Komponenten des Mukluk 3 passen zu dem günstigen Preis: Eine Mischung aus SRAM X5 und X7 Teilen, aber wenigstens gibt mir einem sehr guten Berggang von 22/36 … und ich denke, dass ich diesen noch sehr schätzen werde. Die DB-3 Einsteiger-Bremsen von AVID bereitet mir ein wenig Kopfzerbrechen, aber das wird sich zeigen. Zumindest bekommt man dafür leicht Ersatzteile.
Andererseits wäre es einfach dumm, ein solches Bike, das bei mir wahrscheinlich ja doch nur gelegentlich genutzt werden wird mit noch edleren Komponenten zu bestücken. Ich werde damit sicher keine Rennen fahren. Bei Fatbikes sehe ich tatsächlich den Sinn einer 1-fach Schaltung aber nachdem ich damit wohl nur wenig im Schnee unterwegs sein werde, bietet mir die 2-fach Übersetzung einfach den niedrigst möglichen Gang.

Die Laufräder sind die Rolling Darryl von SURLY Surly mit den Aussparungen in den Felgen Löcher, so dass sie ein gutes Stück leichter als die ältern, nicht-durchlöcherte Version. Die 3,8-Zoll Nate Reifen sind die günstigere 27 TPI Variante und damit etwas schwerer und wahrscheinlich ein bisschen weniger flexibel als die 120 TPI Version des gleichen Reifens. Das Profil allerdings sieht vielversprechend sehen aus für mein wüstenhaftes Terrain angeht und die 27 TPI Karkasse stellt sich dort evtl. sogar als robuster heraus.

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Zu Optik und Image: Das SALSA Mukluk 3 ist in meinen Augen ein richtig gut aussehendes Bike das einem mit seinen diversen Montageoptionen für Flaschenhalter und Gepäcktaschen förmlich zuruft: Nimm mich mit raus, weit raus!“ Die Alternator Ausfallenden ermöglichen eine Nutzung als Singlespeeder, was vor allem für den Notfall eine sinnvolle Sache ist … ein ROHLOFF Speedhub würde damit auch gehen ;-).

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Mit dem SALSA Mukluk 3 auf dem Trail:

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Zuerst hatte ich die Reifen auf ca. 0,7 bar aufgepumpt. Ein Druck den ich mich am normalen Bike nie zu fahren trauen würde und trotzdem war es bei weitem zuviel. Die Nate Reifen sind über den Asphalt geholpert und haben das ganze Bike zum Zittern gebracht. Ein beeindruckender Sound! Just for fun, habe ich mich dann mit dem Mukluk noch an einem ausgetrockneten Bachbett neben der Straße versucht, in dem es selbst zu Fuß wegen des Sandes und der Steine schwer wäre voranzukommen. Es ging überraschend gut aber es wurde auch sofort klar, dass 0,7 bar noch viel zu viel Luftdruck waren. Der Fahreindruck war eine komische Kombination aus Federung und Sprungbrett… wie ein Ballon aus Beton. Offensichtlich muss ich mit deutlich weniger Luft in den Reifen fahren … und ich habe eine Menge zu lernen.

OK … runter mit dem Druck. Bei ca. 0,5 bar war es dann schon viel besser, aber es war immer noch recht holprig. Ich ging sogar noch weiter bis auf 0,35 bar runtergegangen und das war dann doch ein wenig seltsam auf hartem Untergrund, weil die Lenkung dann doch sehr gewöhnungsbedürftig wurde. Seither fahre ich das Bike mit 0,45 bar und das fühlt sich für mich und mein Terrain ziemlich gut an. Erstaunlich, wie sich eine Luftdruckänderung von gerade mal 0,1 bar bei einem Fatbike auswirkt. Beim MTB würde man das kaum spüren, aber beim Fatbike macht es einen signifikanten Unterschied. Muss wohl mit dem Reifenvolumen zusammenhängen.22 Mukluk

Nach einer weile hat mich die Fahrt im Bachbett dann gelangweilt und ich bin auf einen mir bekannten Singletrail eingebogen … wo ich ganz schnell etwas über das Lenkverhalten des Bikes gelernt habe: Mukluk reimt sich auf Truck. Dieses Bike will wirklich am liebsten geradeaus fahren. Es ignoriert so ziemlich alle Versuche das Bike durch Gewichtsverlagerung oder aus der Hüfte zu lenken, sondern erfordert klare und vehemente Lenkbewegungen … es braucht eine gute Portion Körpereinsatz um durch einen gewundenen Singletrail manövriert zu werden. Wie viel davon der Geometrie zuzuschreiben ist und wie viel ist den dicken Reifen, kann ich nicht sagen, aber nach einer Weile ich habe mich daran gewöhnt und ich konnte das Bike ziemlich flott über den Trail bewegen. Ich frage mich, ob ein um 1° steilerer Lenkwinkel dem Mukluk nicht noch besser stünde. Auf der anderen Seite, ist mir aufgefallen, dass diese Eigenstabilität sehr wohl willkommen war, wenn ich in grobem Schotter, auf losem Untergrund oder besonders steilen Trailabschnitten unterwegs war. Dadurch war es kinderleicht, das Mukluk 3 auf Kurs zu halten sich komplett aufs Pedalieren zu konzentrieren was ich auf langen Adventure-Touren mit viel Gepäck durchaus für erstrebenswert halte. Im Vergleich zu einem Fatbike wie dem SPECIALIZED Fat Boy, das sich überraschend ’normal‘ fahren lässt, fühlt sich das Mukluk schon recht gewöhnungsbedürftig an. Momentan kann ich mir nicht vorstellen, den Radstand mit den Alternator Ausfallenden jemals zugunsten noch mehr Laufruhe zu verlängern.

21 MuklukDie nächste Ausfahrt war eine 90-minütige Tour auf unseren lokale Trails, wo ich das Mukuk so fahren wollte wie meine normalen Bikes … über bekannte Doubletrack-Trails hinauf, manche SIngletrail Abfahrten und auch ein paar Fortstrassenabschnitte. Mit mir unterwegs war ein guter Freund auf seinem geliebten SPECIALIZED Fat Boy und wir haben uns wie Schuljungen mit unseren dicken Bikes gefühlt. Interessanterweise waren wir nicht viel langsamer im Vergleich zu unseren typischen Zeiten auf einem 29 „er Trail-Bike. Ebenso interessant war die Erkenntnis bei uns beiden, dass ein Fatbike für keinen von uns je ein echtes Vollzeit-Eines–Für-Alles-Bike“ werden könnte, obwohl ich weiß dass manche ihr Fatbike so nutzen. Einer meiner Freunde, Clay, dessen Fat Boy wir hier mit einer MAGURA MT5 aufgerüstet haben fahrt tatsächlich überwiegend sein Fat Boy und lässt stattdessen sein Specialized Enduro zuhause in der Garage. Er fährt das Fatbike sogar bei lokalen XC-Rennen in direkter Konkurrenz zu „normalen“ Bikes. Wenn ich dies tun wollte, würde ich das Mukluk definitiv mit einer Federgabel aufrüsten. Meine Handgelenke und Schultern sind ohnehin schon in Mitleidenschaft gezogen und auch wenn die 4-Zoll Reifen viel schlucken, ericht das nicht um auf echten Trails den Körper so zu entlasten wie es eine Federung tut und es dort genauso zu genießen. Nach der Tour haben mir meine Schultern auch noch zwei Tage danach weh getan. Ich nehme an, man könnte noch etwas mehr Komfort durch eine gute Carbongabel oder 127 TPI-Reifen rausholen, aber alle meine bisherigen Beobachtungen zeigen mir klar, dass die 80 mm möglicher Reifendeformation auf keinen Fall mit 80 mm Federweg einer Federgabel gleichzusetzen sind.

Andererseits ist es schon verrückt was für eine Traktion einem diese Reifen bieten. Heftige Schrägfahrten kleinen Furchen und lose Schotterauflagen sind plötzlich kein Thema mehr. Die Aussicht in steile Steigungen zu meistern, scheint nur noch von der Beinkraft abzuhängen und wie lange man sich durchbeißen kann. Mit einem Fatbike wird die Linienwahl plötzlich zweitrangig. Ich kann mir nur grob vorstellen, was alles mit eine Fatbike-Fully möglich sein dürfte.

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Der nächste Ausflug war völlig anders. Er war genau so gewählt, dass das Fatbike alle seine Vorzüge besonders gut zur Geltung bringen könnte. Es war eine Tour auf einer längst verfallenen Straße, mit Bachüberquerungen, voll von Steinen und Blöcken mit einigen sandigen Abschnitten und fast immer nur niedrige Geschwindigkeiten. Das alles ist auch machbar mit einen normalen 29er, ist dann aber eine echte Herausforderung. Das Mukluk Fatty dagegen war davon völlig unbeeindruckt. Cool. Hier hat die Tatsache, dass es ein Starrbike ist überhaupt nicht gestört und die unglaubliche Laufruhe war einfach klasse … sogar beim schnellen Downhilll zurück über den losen Trail hat es richtig viel Spaß gemacht. Hier war das Mukluk einfach nur toll und sehr angenehm zu fahren. Was die Komponenten angeht, blieb das Mukluk 3 bisher ziemlich unauffällig. Nur vorne werde ich für bevorstehende Bikepacking Trips schon bald auf eine 180 mm Disc aufrüsten. Außerdem werde ich mir ein wenig mehr Komfort was das Sitzen und Lenken angeht gönnen. Und dann geht es damit auf die eine oder andere Übernachtungs-Tour in die Wildnis.
Ich werde euch davon berichten.

Grannygear