ROCK SHOX RS-1 – Zwischenstand: von Thomas Hebsetreit

Im Intro stellte ich die RS-1 und ihre Abkehr vom Right-Side-Up System und weitere technische Innovationen ausführlich vor. Seither sorgte die Gabel mit dem exklusiven Design überall dort für Aufsehen, wo ich damit auftauchte  – besonders natürlich auf und neben der Rennstrecke. Hier ist das Modell bisher selten anzutreffen. Zwei wesentliche Fragen beschäftigten interessierte Bewunderer: Gewicht und Performance.

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Die ROCK SHOX RS-1 Gabel am RADON Black Sin Testbike

Ersteres benannten wir bereits mit knapp 1600 Gramm. Die sorgen bei extremen Leichtbaufetischisten nicht sofort für Luftsprünge, sind allerdings angesichts der im Folgenden aufgeführten Performance sehr wohl angemessen. Auch im Kontext dessen, dass die RS-1 mitnichten nur auf den XC-Einsatz abzielt: SRAM gibt nämlich explizit auch „Trail-Rennen“ als Einsatzbereich an. Der Federweg reicht daher auch von 80 bis 120 Millimeter.

Die Federperformance dieser Gabel lässt sich mit dem einfachen Wort „erstklassig“ zusammenfassen. Vom ersten Meter an  ist das ultrasensible Ansprechverhalten der RS-1 spürbar. Eine Sensibilität, wie sie kaum eine andere Federgabel aufweisen kann. Für eine XC- und Race-Gabel ist diese wirklich bemerkenswert.

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Wer das Vorderrad mit der verbauten RS-1 zwischen die Beine klemmt und am Lenker dreht, um die Gabel zu verwinden, ist zunächst ernüchtert. Genauso wie c_g konnte auch ich feststellen, dass sich die RS-1 spürbar verwinden lässt – mehr als die zum Vergleich von uns herangezogene SID Race. Auch die Steifigkeitsmessungen eines großen deutschen Fachmagazines belegen diese Beobachtung.

Doch aufgemerkt: (hier nicht weiter zu lesen wäre ein Fehler!) Beim Fahren ist dies interessanterweise fast nicht spürbar. Eher das Gegenteil ist der Fall. So stellt sich uns wieder einmal die Frage, wie relevant (Labor-)Messwerte tatsächlich sind. Wir jedenfalls konnten selbst im XC-Renneinsatz überhaupt keine Einschränkungen in Bezug auf die Verwindungssteifigkeit erfahren. In Verbindung mit dem SRAM Roam Laufradsatz war jederzeit Ruhe und eine gute Lenkpräzision zu vermerken.

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Dies wurde mehrfach auf Trainingsausfahrten, einem MTB-Marathon- bzw. mehreren XC-Rennen mit 100 Millimetern Federweg getestet und bestätigt. Noch dazu ist die Bremssteifigkeit ausgesprochen hoch. Egal, wie hart die Eisen zupacken, es ist keinerlei Verwindung oder gar Verkanten zu spüren. Ob die Verwindungssteifigkeit auch unter schweren Fahrern noch unauffällig bleibt, erprobt parallel zu diesem Test c_g in seinem KUBIS 29+Bike mit dem gleichen Modell.

Wie bereits im Intro erwähnt, lässt sich die RS-1 zwischen 80, 100 und 120 Millimetern Federweg mittels Spacern variieren. Dazu muss die Gabel geöffnet werden.

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Darüber hinaus braucht es bei der RS-1 keine stundenlangen Einstellorgien: Biker pumpen den Wert, der auf der kleinen Tabelle auf der Gabel aufgedruckt ist, kurzerhand in die Luftkammer, und nach ein paar Fahrten je nach Vorlieben etwas nach oben oder unten korrigieren. Der Rebound ist ebenf
alls schnell eingestellt, wenn auch etwas schwer zugänglich – einfacher geht es kaum. Dazu besticht die brandneue Forke dann auch noch mit einer überzeugenden Federungsperformance: Neben dem sensiblen Ansprechverhalten zeigt sich die RS-1 auch bei vielen harten aufeinander folgenden Schlägen souverän und verhärtet nicht. Außerdem steht jederzeit so viel Negativfederweg zur Verfügung, dass ich ein Abheben des Vorderrades nicht feststellen konnte – auch nicht im Renntempo in technischen Geländepassagen. Das erhöht die Traktion des Vorderrades deutlich, trägt zur Sicherheit bei und genierte ein Gefühl von Vertrauen, das man im Rennen immer gut gebrauchen kann.

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Testeinsatz heißt hier auch gleich Renneinsatz.

Zum Ende des Federweges wird die RS-1 gerade so progressiv, dass der Federweg einerseits vollends ausgenutzt werden konnte, ich anderseits trotzdem keine Durchschläge notieren musste – ganz ohne langes Justieren und Durchprobieren verschiedener Setups. Harten Bremsmanövern sieht das noch junge Flaggschiff aus dem Hause ROCK SHOX ebenfalls gelassen entgegen – dem neuartigen Dig-Valve sei Dank. Dadurch neigt die RS-1 auffällig wenig zum spürbaren Bremsabtauchen. Dass sie gerade bei Bremsungen komplett ohne nennenswerte Verwindungen auskommt und auch dann butterweich anspricht, hatte ich ja bereits erwähnt.

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Wer der ständigen Umstellorgien während der Fahrt wie sie heute bei vielen Gabeln gängig überdrüssig ist, findet in der RS-1 eine genügsame und sehr gutmütige Begleitung – während der Fahrt gibt es als einzige Option den hydraulischen X-Loc Lockout den der Fahrer betätigen kann. Der Lock-Modus ist relativ straff, läßt aber noch leichte vibrationsdämpfende  Bewegungen zu. Wer den bisherigen Lockout bei ROCK SHOX kennt, weiß dass dieser merklich straffer ist. Racer werden den Lock-Modus der RS-1 ganz sicher zu schätzen wissen.
Etwas Gewöhnung braucht beim allerdings beim Ein- oder Ausbau des Vorderrades: Durch die Upside-Down-Bauweise lassen sich die Predictive Steering-Ausfallenden mit den Standrohren sehr leicht verdrehen was die Ausrichtung der Ausfallenden mit der Nabe und das Einfädeln der Scheibe in die Bremszange mitunter recht fummelig macht. Das ist anfangs ungewohnt, ist aber mit etwas Übung schnell eingeübt. Ganz so einfach wie bei herkömmlichen Gabeln ist’s aber nicht.

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Gesäubert und herausgeputzt nach dem Renneinsatz … bereit für die abschließende Testetappe.

Zwischenfazit: Die RS-1 überzeugt mich bisher mit einer äußerst performanten Dämpfungscharakteristik. Das Design und der Preis sind sehr exklusiv, die Performance setzt aber Masstäbe in der XC-Klasse. Bisher halte ich die ROCK SHOX RS-1 Gabel funktionell für einen großen Wurf. Ob die RS-1 diesen sehr positiven Eindruck auch im Teil 3 unseres Testes aufrecht erhalten kann?

Thomas Hebestreit