ROCK SHOX RS-1 Upside-Down-Federgabel – Intro: von Thomas Hebestreit

Genau 25 Jahre ist es her, dass ROCK SHOX seine erste Federgabel „RS-1“ präsentierte. 1989 war das Mountainbike in der westlichen Welt schon weit vorgedrungen, im Ostblock schweißten noch verzweifelte Teenager aus alten Klapprad-Rahmen BMX-Räder und  Rahmen zusammen, die im weitesten Sinne solche für den MTB-Einsatz waren. Kurz: die Welt war damals bereit für gedämpfte Forken, heute sind sie längst Standard. Was kommt danach?

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Ein viertel Jahrhundert später präsentiert ROCK SHOX das zweite Modell seiner „RS-1“. Die hat mit der ersten Version nur noch so viel gemeinsam, dass es sich dabei auch um eine Federgabel handelt.
Die neue Variante bricht völlig mit den derzeit gängigen Konstruktionsprinzipien, zumindest was den Einsatzbereich XC und Trail betrifft. Die RS-1 wurde nämlich in Upside-Down-Bauform konstruiert. Im Gegensatz zu den bisher weit verbreiteten „Right Side up“ – Konstruktionen tauchen bei der RS-1 daher Tauchrohre in Standrohre größeren Durchmessers ein. Bei motorisierten Zweirädern beispielsweise ein durchaus gängiges Prinzip – für den von SRAM mit dem als XC und Trail angedachten Einsatzzweck jedoch recht neu. Bisherige Systeme für das  Bike waren in der Regel vom Gewicht akzeptabel, aber auch sehr weich – oder eben steif aber schwer. In den mittleren 90ern versuchten sich Votec und Marzocchi bereits an „Upside Down“-Federgabeln. Bisher befanden sich solche höchstens an Freeride- bzw. Downhillbikes. Das dürfte sich ab sofort ändern. Mit Recht!

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Die Ausfallenden der RS-1 wurden von den Ingenieuren neu entworfen: Predicitive Steering nennt ROCK SHOX die neue Schnittstelle zwischen Nabe und Gabel. Das verspricht eine höhere Steifigkeit, ist allerdings nicht kompatibel mit bisherigen Systemen. Die spezielle Nabe ist rund um die eigentliche Achse breitflächig an den Ausfallenden der Gabel abgestützt. Diese, von ROCK SHOX als „Torque Tube” bezeichnete Achse, soll sämtliche Kräfte aufnehmen. Die verwendete Maxxle Ultimate mit 15 Millimetern Durchmesser diene nun lediglich noch dazu, das System mit Druck zusammenzufügen. So werden neue Laufräder fällig – DT Swiss und natürlich SRAM sind die einzigen, die original Predictive Seering Naben produzieren und haben bereits einiges mit dem neuen Standard verfügbar.

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… formvollendet und sehr exklusiv mit der Vollcarbonchassis.

Die Gabelbrücke und Tauchrohre sind zu einem Monocoque-Bauteil aus Carbon integriert worden. Der Ingenieure erklärtes Ziel auch hier: hohe Steifigkeit bei möglichst geringem Gewicht. Der Federweg kann zwischen 80, 100 beziehungsweise 120 Millimetern variiert werden. Das Innenleben entlieh sich die RS-1 größtenteils vom aktuellen Schwestermodell Pike und setzt auf ROCK SHOX‘ Solo Air – Prinzip. Angeboten dazu werden mit Xloc Sprint und Xloc Full Sprint zwei hydraulische Fernbedienungen zum Blockieren. Die Einstelloptionen an der Gabel sind das Floodgate am Remote und die Zugstufe. Der Beschleunigungsdämpfer, quasi das Herz der Gabel, ist brandneu: Ein stärkeres Lockout für harte Sprintpassagen und das Rapid Recovery-Sy stem sind ein Teil davon. Letzteres soll die Federgabel immer im weichsten Teil des Federwegs halten und den Dämpfer deutlich schneller in seine Ausgangsposition zurückkehren lassen. Das soll zum Beispiel in Passagen mit vielen aufeinander folgenden Schlägen die Bodenhaftung verbessern, weil das System nicht– mangels Zeit zum ausfedern – verhärtet.

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Wie gewohnt bei den aktuellen Rock Shox Federgabeln besitzt auch die RS-1 schwarze Standrohre und eingelaserte Anzeigen um die Gabel optimal abzustimmen

Der Zugstufenkolben wurde ebenfalls neu konstruiert, um Raum für das Dig Valve zu schaffen. Das Ventil soll für eine optimale Kontrolle für die Low- und Highspeed-Druckstufe sorgen, indem es den Ölfluss sorgfältig regelt.

SRAM setzt den Preis für dieses schöne Stück Federtechnologie bei 1658 Euro an (zzgl. einer Predictive Nabe oder einem Vorderrad). Das ist ziemlich genau so viel, wie das gute Stück wiegt: 1666 g gibt der Hersteller an, unsere Waage pendelt bei unserem Testexemplar bei exakt 1610 g aus. Damit wiegt die RS-1 etwas mehr als das aktuelle Schwestermodell SID. ROCK SHOX verspricht aber im Vergleich dazu eine enorm höhere Steifigkeit und ein viel sensibleres Ansprechverhalten.

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Die ROCK SHOX RS-1 am Radon Black Sin verbaut und bereits für den Test

Wir werden das ab sofort in unserem Test ergründen und wie immer ausführlich berichten, wie sich das High End-Modell für Cross Country uns Trail schlägt. Die etwa 100 g, die die RS-1 mehr auf die Waage bringt als die SID Topmodell XX Worldcup, wären verziehen, wenn die Gabel an Performance hält, was ROCK SHOX verspricht … aber ob das den sehr exklusiven Preis rechtfertigt? Wir sind gespannt – die ersten Fahreindrücke, die c_g beim diesjärigen BIKE Festival hat gewinnen können waren zumindest schon vielversprechend!

Thomas Hebestreit