CANYON Grand Canyon CF SLX 8.9 – Zwischenstand: von Thomas Hebestreit

Leichter und steifer Carbonrahmen mit allen modernen Strandards, reinrassige Renngeometrie und komplette SRAM X.9  Gruppe (in sportlicher 2×10) – das klingt wahrlich nicht nach low budget, oder?

Die Koblenzer Firma Canyon vertreibt seit einiger Zeit sein Modell Grand Canyon CF SLX 8.9, das als Einstieg in die Rennliga positioniert ist. In unserem Testintro haben wir das wir das Bike bereits ausführlich beschrieben, c_g fuhr vor einiger Zeit das Alu-Pendant und kündigte das Modell hier bereits an. Die spannende Frage ist: Wie fährt sich das Bike und wieviel „Race“ kann in einem der 2000-Euro-Bike überhaupt stecken?

Seit ich das Rad aus dem Karton nahm, ist schon einige Zeit vergangen – genaugenommen über 2 Monate. Erste Spuren des Gebrauches zeigen sich an der dünnen Lackierung. Insgesamt fünf Rennen (darunter auch der eine oder andere Ausritt übers Pistenende hinaus ;-)) und haufenweise Test- /Trainingsfahrten stecken bereits im „Gebälk“ des Kohlefaserrahmens. Das Erste, was ich von Anfang an geändert habe, war die 180er Scheibe vorne. Mit dem Kuchenteller konnte ich als Racer nicht leben und so wurde sie gegen eine 160er Scheibe getauscht, die mir definitiv noch genug Leistung bietet. Den Vorbau, an dem das gut dimensionierte, aber sonst zu hohe Cockpit verbaut ist, drehte ich auch gleich auf negativ, denn hey – ich will damit in erster Linie schnell fahren!

Und die Antwort auf die Frage aller Fragen, ob das Rad für knapp 2000 Euro wirklich renntauglich ist, will ich auch gleich geben: Das ist es!

Grundsätzlich bietet Canyon mit diesem Modell richtig viel Rad für relativ wenig Geld. Allein schon der Rahmen ist der Hammer, der ja baugleich mit denen der deutlich teureren Pendants ist. Steif, leicht und mit ausgewogener Geometrie, die sich nicht nur im Renneinsatz als potent und effektiv erwiesen hat, sondern auch noch Komfort für Marathons und lange Touren bietet. Das Grand Canyon CF SLX 8.9 bietet nicht nur Effizienz pur, man kann es obendrein wirklich direkt aus dem Karton auf die Rennpiste schicken, ohne das noch viel umgebaut werden müsste.

Es zeigt sich als behender Kletterer, der das Vorderrad schön lang am Boden lässt, selbst wenn die Rampen und Anstiege sehr steil werden. In den Abfahrten verlangt das tiefe Cockpit etwas mehr aktive Fahrweise des Fahrers, der Rahmen selbst ist aber auch hier angenehm gutmütig und verzeihend den einen oder anderen Patzer bei der Linienwahl. Die Eigendämpfung des Carbonrahmens erlaubt es auch in ruppigeren Passagen das Gas noch lange stehen zu lassen. Die sehr gute Lenkpräzision sorgt für das exakte Umsetzen der Steuerbefehle, die der Biker eingibt. So lässt sich das SLX 8.9 auch auf ruppigen Trails gut bewegen, Kontrollverlust kommt erst spät auf. Richtig Spaß kommt auf schnellen flowigen XC-Kursen mit vielen Richtungswechseln auf – hier brilliert das Rad und stößt an keine Grenze.

Allein in der Ausstattung müssen einzelne Abstriche gemacht werden. Die beschränken sich vor allem auf die Laufräder und sind vorwiegend gewichtstechnischer Natur. Die verbauten MAVIC Crossride wiegen an die 2000 Gramm. Die Koblenzer stecken das SLX 8.9 mit CONTINENTAL X-King Faltreifen in der sehr leichten RaceSport-Version (mit Black Chili-Compound) in den Karton, beachtenswerter Weise auch gleich mit Leichtbauschläuchen von SCHWALBE. Wie im Intro erwähnt wiegt das Canyon mit Pedalen knapp 10,8 Kilogramm. Die sind, was den Vortrieb angeht, aber kaum spürbar. Dass die Laufräder keine Fliegengewichte sind, fiel selbst mir als Racer nur ganz am Rande auf. Alles, was auf die Pedale gestemmt wird, geht nur in eine Richtung: vorwärts! Der Rahmen fühlt sich um das Innenlager enorm steif an, auch den Steuerkopf bringt nichts aus der Ruhe. Das Heck zeigt sich dazu  – trotz der recht unnachgiebigen Iridium SL-Sattelstütze – komfortabel. So taugt das Hardtail definitiv auch für die Langstrecke. Die verbauten SRAM X.9-Komponenten arbeiten unauffällig, das Type II-Schaltwerk verhindert jegliches Kettenschlagen und baut Kettenklemmern effektiv vor.

  

Das „Impact Protection Unit“ (siehe Intro), das den Einschlag des Lenkers ins Oberrohr mittels Lenkeinschlags-Begrenzung verhindert, ist eine smarte Idee den Rahmen zu schützen und kam bei mir bereits zweimal zum Einsatz. Die AVID Elixier 5 Bremsen arbeiten souverän, brauchen aber im Vergleich zur X.0-Variante mehr Handkraft – nicht tragisch aber spürbar. Das einzige technische Problem bisher war der Lockout der Sid-Gabel, der auf matschiger Piste einmal kurz seinen Dienst quittierte. Nach sorgfältiger Reinigung war dies schnell behoben.

Zwischenfazit: Das CANYON Grand Canyon CF SLX ist ein Traum für jeden budgetbewussten Racer und sportlichen Tourer. Meine Wunschliste der Modifikationen, wenn ich den Preis außer Acht lasse ist nur kurz: leichtere Laufräder, eine leichtere Sattelstütze und ein leichter Rennsattel. Dazu einen Tick leistungsfähigere Bremsen. Dann ist das Canyon das perfekte Bike für den Renneinsatz.

Wenn ich den Preis allerdings mit einbeziehe: Da gibt’s nichts zu verbessern, für 2000 Euro ist das CANYON Grand Canyon CF SLX 8.9 einfach unschlagbar!

(Mein Tip: Marathon-Racer sollten die Übersetzung checken: Das 38er Blatt ist für den XC-Betrieb perfekt, so muss vorn kaum geschaltet werden. Für lange Abfahrten empfiehlt sich eher ein 39er oder größer, wenn die Kondition passt.)

Thomas Hebestreit