YETI ARC & SB95c Fahreindrücke: von Grannygear

Beim Sea Otter´13 erst hat YETI zwei neue Carbon 29er vorgestellt, das SB95c (ein 120 mm Fully, das c_g bereits beim Garda Festivalgefahren ist – hier) und dann das ARC Carbon Hardtail. Beides richtig schicke Bikes! Als ich erfahren habe dass der Demo-Truck von YETI in meine Gegend käme, war ich natürlich mit dabei.

****************************************

Zuerst das YETI ARC Hardtail (hier bereits vorgestellt). Leider waren noch nicht alle Größen dabei und so musst ich mit einem YETI ARC in Größe M vorlieb nehmen, das mir trotz seines langen Oberrohrs doch deutlich zu kurz war. Also Sattel ganz zurück, die Sattelstütze bis zum Anschlag raus  und einen längeren Vorbau dran und auch wenn es noch ziemlich kompakt angefühlt hat, war es gut genug für einen ersten Eindruck. Beim ARC würde ich normalerweise ein Large fahren, aber was nicht geht, geht halt nicht.

Das ARC wird es in zwei Farbvarianten geben – klarlackierter Carbonlook mit türkisen Decals oder ganz türkis mit ausgesparten Schriftzügen. Als Fan der klassischen Farben finde ich das Türkis am schönsten, finde aber die gesamte Formsprache des Bikes super gelungen.

 

Mein mit einer kompletten XTR ausgestattetes Testmuster war auch ohne Waage als sehr leichtes Bike zu identifizieren. Mit MAXXIS Ikon 2.2er Reifen, DT-SWISS Laufrädern, FOX Factory Gabel, WTB Sattel und EASTON Carbon-Lenker war es definitiv Top-End.

Bereits auf den ersten Metern auf der Forstrasse hatte ich den Eindruck dass das ARC ein sehr direktes Bike wäre. Ich bin in den letzten Wochen von dem Komfort so mancher flexenden Carbon- und Titan-Stütze (viele davon sogar in 27,2 mm) allerlei verwöhnt worden und dem gegenüber war das ARC mit seiner großen THOMSON Alu-Stütze alles andere als komfortabel. Dafür war dem Rahmen auch keinerlei seitlicher Flex anzumerken – weder im Steuerrohr, noch im Tretlagerbereich. Das ARC hat jedes Quentchen Energie sofort in Vortrieb umgesetzt. Im Wiegtritt schießt es wie eine Rakete davon.

Was das Handling angeht hat sich das ARC sofort super angefühlt – genau in der goldenen Mitte aus Agilität und Spurtreue. Die Trails die ich damit gefahren bin, waren genau die gleichen wie damals mit dem IBIS Ripley (hier) – in erster Linie um das Ripley mit dem SB95c vergleichen zu können. Die Trails waren eine gute Mischung als offen und schnell mit kurzen engen und gewundenen Passagen – oft mit losem Sand und Steinen auf einer harten Unterlage. Ohne eine gute Spurtreue und vor allem präzise Lenkung würde man hier schnell mal den Yucca-Kakteen hallo sagen. Dazu kamen noch ein paar Kompressionen und Felspassagen … insgesamt eine recht gute Testrunde.

Wie eingangs erwähnt hat sich das ARC auch auf den Trails als sehr direkt und straff hervorgetan. Da gibt es ganz sicher komfortablere Bikes. Jeder Schlag, ob groß oder klein wird fast ungedämpft bis zum Fahrer übertragen und so habe ich mehrfach angehalten um den Reifendruck zu senken – ganz am Ende der Ausfahrt bin ich bei ca. 1,63 bar angelangt und trotzdem war das Fahrgefühl noch sehr direkt. An meinem anderen Carbon-Hardtail, dem Stumpjumper SS Carbon fahre ich die gleichen Reifen mit ca. 1,85 bar und das Bike fährt sich deutlich angenehmer. Der Fairness halber muss ich aber auch anmerken, dass das Stumpy im Vergleich zum ARC sehr viel mehr seitlichen Flex hat.

Dafür war des ARC die Geometrie und das Handling des eines der besten, die ich je gefahren bin … ich habe jede Minute damit genossen!! Mit seinem moderaten 70° Lenkwinkel und den kurzen 43 cm Kettenstreben konnte ich damit jede Kurve im High-Speed nehmen, es aus der Hüfte heraus steuern und wunderbar nach dem Scheitelpunkt heraus beschleunigen. Wieder eine Bike-Firma aus Colorado, die die Geometrie einfach super hinbekomen hat (genau wie damals beim SPOT BRAND Honey Badger hier). Da sieht man wieder, wie die Trailbedingungen einer Gegend die Philosophie und die Ausführung eines Bike beeinflussen.

ZUSAMMENFASSUNG: Am Ende der Runde habe ich über das ARC nachgedacht. Sicher wäre es besser gewesen, wenn ich einen passenden Rahmen hätte fahren können, aber für den ersten Eindruck hat es voll ausgereicht. Die Lenkung und das gesamte Handling waren ein echter Traum – einfach genial! Ich wünschte es gäbe nur noch solche 29er Hardtails. Weniger gut fand ich die extremem Steifigkeit, die sich auch in einer sehr geringen Eigendämpfung ausgedrückt hat.  Hier bin ich schon bessere Carbonrahmen gefahren.
Ich selber hätte das ARC gerne  mit einer besser flexenden Carbon-Stütze, wie etwa der NINER RDO oder der SYNTACE Hi-Flex, noch breiteren Reifen und einem noch stärker gepolsterten Sattel gefahren. Dann wäre es vielleicht insgesamt noch „runder“ gewesen. So wie es war, habe ich mir einfach etwas mehr Eigendämpfung – sprich: Komfort – gewünscht. Dafür würde ich rein gar nichts an der Geometrie und dem Handling ändern.

*************************************

Das zweite Bike, das ich an dem tag gefahren bin, war das SB95c. Nachdem c_g es bereits sehr ausführlich beim Garda Festival gefahren ist (hier), möchte ich hierzu nur noch ein paar Ergänzungen liefern:

Als die Alu-Version vor ein paar Jahren rauskam, bin ich es auf der Interbike-Demo bereits gefahren und habe es wirklich toll gefunden. Dementsprechend hoch waren meinen Erwartungen an die neue Carbon-Version.

 Mit seiner XTR-Ausstattung brachte es mein Testmuster auf gerade mal 12,3 kg und gehört damit zu einem der leichteren 29er Trail-Fullies auf dem Markt.

Nach dem Set-Up sagtem man mir dass die Heckfederung so ausgelegt wäre, dass man sie fast immer im offenen Descent-Modus fahren könnte. Genau wie damals c_g angemerkt hatte, blieb die Federung auch bei mir unter Kettenzug wunderbar ruhig, reagierte aber sehr deutlich auf jede Auf-/Abbewegung des Fahrers. Genau wie das IBIS Ripley war das SB95 sehr gut bergauf, aber nur solange man es sitzend gefahren ist – im Stehen war das IBIS deutlich effektiver. Für sanfte Anstiege war der offene Modus beim SB95 vollkommen ausreichend, sobald es aber steiler oder unruhiger wurde, musste ich das Heck dann doch mit der aktivierten Plattformdämpfung (Trail-Modus genannt) beruhigen. Vor allem im Anfangs- und Mittelbereich ist die Federung doch extrem linear und sensibel. Selbst mit eingeschalteter Plattform, war das Heck noch sensibler, als die ganz offene FOX F34 Gabel.

Ansonsten hat sich das SB95 auch bergauf sehr gut angefühlt – auch ohne absenkbare Gabel war es sehr souverän und potent. Mein Testmuster hatte eine 120 mm Gabel und angesichts des tollen Hinterbaus hätte ich es gerne mit einer 140 mm Gabel ausprobiert – auch wenn das auf der Testrunde nirgends wirklich notwendig gewesen wäre.
Das Handling war, wie schon beim ARC einfach super ausbalanciert – auch hier wieder eines der besten, die ich gefahren bin.

ZUSAMMENFASSUNG: Insgesamt hat mir das SB95c sehr gut gefallen. Im Vergleich zum IBIS Ripley, das ja ebenfalls 120 mm Federweg hat, hat es sich sehr viel mehr wie ein Trailbike als ein XC-Bike angefühlt. Als XC-/Marathonfahrer wäre es nicht meiner erste Wahl, aber als All-Mountain- oder Trailpilot wäre es ganz weit vorne. Dem YETI merkt man seinen Herkunft von den langhubigen 26“ SB-Bikes deutlich an – es fühlt sich genial sicher und schluckfreudig an. Nach meinem Empfinden das wohl sensibelste und schluckfreudigste 120 mm Fully überhaupt.

Jeder, der mit dem typischen YETI-Feeling vertraut ist und nach einem sehr guten Trail 29er Fully sucht, der wird vom SB95 garantiert nicht enttäuscht werden. Mit der signifikanten Gewichtsersparnis gegenüber dem SB95 (in Alu) wird es nur noch besser und spritziger.