SPECIALIZED 2013 Camber Comp – Testfazit: von Guitar Ted


Oh Mann – dieser Winter hier im Mittleren Westen der USA war wirklich extrem … und extrem lang. Währens meine Kollegen fast den ganzen Winter durch fahren konnten, war ich bis vor kurzem dazu nicht in der Lage. Eigentlich sollte dieser Test schon lange in trockenen Tüchern sein, schließlich lag der Erste Eindruck (hier) noch im vergagnenen Jahr, aber es ist wie es ist und so komt  jetzt der Abschluss.

SPECIALIZED hat dieses Bike in dieser Ausstattung zusammengestellt damit es möglichst vielseitig ist – ein Bike für fast jeden Einsatzbereich, ein echter Allrounder. Dabei sollte es auch noch möglichst wartungsarm und ohne jede Vorkenntnis einzustellen sein. Was das angeht, hat SPECIALIZED mit dem Camber Comp dem Nagel voll auf den Kopf getroffen. Bis auf den Umbau auf Schlauchlos habe ich nichts an dem Bike gemacht. Aus meiner Sicht ist das Camber Comp damit ein Bike, das man einfach nur fahren kann – ohne viel Aufwand und ohne viel Sorgen. Allerdings bedeutet Vielseitigkeit auch oft Kompromisse und die geht man beim Camber Comp auch ein.

Wie oben erwähnt habe ich die Federelemente nur anfangs einmal eingestellt und danach während der ganzen Zeit nicht mehr angerührt. Und auch ohne jedes Nachjustieren, oder Verstellen, blibe die Performance und Federungsbalance stats sehr gut. Was man allerdings wissen muss ist, dass der Dämper eher schluckfreudig getrimmt ist; wer also gerne und viel im Wiegetritt arbeitet, wird wegen der fehlenden Blockierung hier nie ein wirklich direktes Feeling bekommen ohne dabei auch die Feinfühligkeit zu beeinträchtigen. SPECIALIZED hat das Camber Comp bewusst auf Komfort und Traktion und weniger auf Effizeinz und Direktheit getrimmt und das merkt man auch. Als normaler sitzender Fahrer, wie es viele eben sind, ist das Bike aber genau richtig.

Das Camber Comp fühlt sich ausgesprochen gelassen an. Vor allem in den Kurven spürt man den beruhigenden Effekt des langen Radstandes, des niedrigen Tretlagers und der komfortablen Federung. Allerdings kam es bei mir auch öfter als normal vor, dass ich mit den Pedalen Bodenkontakt hatte – die Kehrseite eines niedrigen Tretlagers. Außerdem hatte das Heck ein wenig die Tendenz in engen Kurven auszubrechen und ich musste öfter mit der Bremse und meinem Körper ausgleichen um es wieder auf Spur zu bringen. Die Kompromisse des Camber Comp liegen also in der Laufruhe und dem eher komfortablen Fderungssetup – allesamt Eigenschaften, die genau auf das Nutzungsprofil des Bikes passen und daher nur Anmerkungen, keine Kritik.

Was ganz klar rauskam ist, wie viel Sicherheit das Camber Comp beim Fahrer generiert. Es ist wie ein guter freund dem an einfach vertrauen kann. Aber es ist eben nicht das agile, spritzige Bike, das manche vielleicht gerne hätten. Das Camber will erst gar nicht versuchen sich wie ein 26“ zu fahren, sondern macht aus den Eigenschaften der großen 29er Laufräder eine Tugend. Als XC-Racer wird man mit dem Camber Comp nicht glücklich (dafür bietet SPECIALIZED andere Modelle an), wer aber eher Touren, feierabendliche Trailrunden im Sinn hat, für den ist das Camber genau das richtige.

Was die Komponenten angeht, bin ich genau aus dem Grund am Camber Comp nie wirklich mit dem 2×10 Antrieb warm geworden. Wo Vielseitigkeit Trumpf ist, da sollte man auch eine 3-fach Kurbel montieren, finde ich. Vor allem beim Runterschalten auf das kleine Kettenblatt musste ich immer ein paar Gänge ausgleichen um weiter treten zu können – mir war der Sprung von 36 auf 22 einfach zu groß. (Ich weiß aber auch, dass z.B. c_g dies für die ideale 29er Übersetzung hält … jedem das seine J).
Und da wären auch noch die serienmäßig verbauten Ground Control Reifen (vorne 2.3 und hinten 2.1), die sich auf meinen Trails nicht so recht haben behaupten können. Daher habe ich mir von Grannygear einen Butcher 2.3 besorgt und den 2.3er Ground Control als Hinterreifen genommen. In der Kombination hatte ich dann keinen Ärger mehr mit schwachem Kurvenverhalten.
Und obwohl Grannygear immer so positiv von den Schlauchlos-Eigenschaften der SPECIALIZED Laufräder und Reifen spricht, fand ich diese weniger positiv. Vor allem die Ventile waren bei mir kaum dicht zu bekommen, aber vielleicht lag´s einfach an mir. Wäre es mein Bike würde ich sowohl das Tape, als auch die Ventile gegen andere tauschen.

Testfazit: Das SPECIALIZED Camber Comp ist ein tolles Bike für sehr viele, aber nicht alle Fahrertypen. Für solche, die sich weniger um Einstellung und Technik kümmern oder kümmern wollen und einfach nur ein gutmütiges Allround 29er Fully wollen, für die ist das Camber Comp eine Granate. Das subjektiv sehr sichere Fahrverhalten und die komfortable Federung tun ihr weiteres dazu. Außerdem ist das Cockpit schön aufgeräumt – wem das wichtig ist.
Der Rahmen ist definitv sehr steif, aber die lange Geometrie hat bei mir für manchen ungewollten Pedal-/Bodenkontakt gesorgt. Das Camber zählt sicher nicht zu den spritzigen oder gar verspielten Bikes, soviel ist sicher. Trotzdem ist das Bike keineswegs schwerfällig, sondern einfach gutmütig, fehlerverzeihend – zwei für manchen Fahrer keinswegs zu unterschätzende Eigenschaften.