MI:TECH Epsilon – Testzusammenfassung: von c_g

OK, es ist Zeit den Test dieses „ganz anderen“ Bikes abzuschließen. Wir haben den Test mit den Technologieschlagworten PINION P1:18, Antriebsschwingen-Fully und GATES CARBON DRIVE Riemenantrieb begonnen (hier zum Intro) und unter diesen Gesichtspunkten den Zwischenbericht in zwei Teile gesplittet – hier das PINION Getriebe und hier die Antriebsschwinge – jetzt aber wollen wir mit dem Thema Fahrspaß abschließen und unsere Erfahrungen zusammenfassen.

  

Das Epsilon hat so allerlei Änderungen im Laufe des Tests durchlaufen – angefangen vom anfangs viel zu langen und breiten Cockpit, über die Übersetzung und mit ihr die effektive Kettenstrebenlänge bis hin zum (ursprünglich falschen) Dämpfer. Mit jedem Schritt wurde das Epsilon besser und stimmiger.
Die letzte Änderung war die Montage eines sehr kurzen Vorbaus (50 mm). Nach Aussage des Entwicklers Stefan Kulms war das Epsilon nämlich  genau so konzipiert – mit einem sehr langen Oberrohr aber dafür kurzem Vorbau (… nur hatte man völlig vergessen das Bike dementsprechend auszustatten oder uns das bis späte in den Test mitzuteilen ;-)). Nun also waren wir endlich dort angelangt wo wir gerne von vornherein gewesen wären und konnten uns einfach mal dem „simplen“ Fahrgefühl und Handling widmen.

Kommen wir zur Sitzposition in der letzten Iterationsstufe (kurzer 50 mm Vorbau und 740 mm Lenker mit 12° Kröpfung). Schon beim ersten Aufsitzen wird klar, wie diese Änderung dem Epsilon gut tut. Man sitzt weniger gestreckt, bekommt mehr Bewegungsfreiheit auf dem Bike und erreicht einen recht guten Allrounder-Wohlfühlfaktor.
Die mit dem kurzen Cockpit merklich agilere Lenkung steht zwar ein wenig im Kontrast zum weiterhin langen und eher ruhigen Heck des Bikes, bringt aber spürbar mehr Fahrspaß im Gelände. Vor allem bergab kommt weniger Gewicht aufs Vorderrad und das Epsilon gewinnt damit an Stufen und Steilstücke viel Kontrolle und Sicherheit … oder rundum fähiger. Bergauf bleibt es ein echter Kletterkünstler nur das hohe Gesamtgewicht dämpft die Freude am Höhenmetersammeln … hier muss man´s einfach ruhiger angehen lassen.

Um unsere Eindrücke zur Antriebsschwinge des MI:TECH Epsilon, die mit dem erst später montierten ROCK SHOX Monarch Plus Dämpfer wirklich gut waren, überprüfen zu lassen, haben wir 2 andere erfahrene Fahrer aus dem Freundeskreis ohne jegliche Vorab-Info auf das Epsilon gesetzt. Alle drei merkten an, wie direkt sich das Bike im  Wiegetritt anfühlt, kein einziger aber monierte ein übermäßig straffes Heck im Downhill. Die einzige Schwäche die dabei noch ans Tageslicht trat, war, dass der Hinterbau nicht ganz der exzellenten Steifigkeit des Hauptrahmens gerecht wird, was allerdings nur sehr schwere und aggressive Fahrer je merken würden. Nach Aussagen von MI:TECH sei dies aber bereits erkannt und in der aktuellen Entwicklungsstufe des Epsilons gebannt (wir haben noch eines der allerersten Modelle im Test).

An der Stelle übrigens seinen nochmal die REYNOLDS MT29er Laufräder erwähnt, die dank ihrer guten Beschleunigung und hohen Steifigkeit dem Epsilon sehr gut zu Gesicht stehen. Auch die MAGURA MT6 konnte durchweg mit ihrer Bremskarft und Doserbarkeit überzeugen – lediglich das gelegentlich auftretende Quietschen an der Hinterradbremse war mitunter etwas nervig. Wie schon an vorherigen Bikes war der WTB Volt eine Wohltat für meinen Hintern und bleibt damit einer der wohl bequemsten Sättel die wir kennen. Positiv anzumerken waren auch wiedermal die SCHWALBE Hans Dampf Reifen, die wunderbar kontrollierbar unter allen Bedingungen stehts ein hohes Maß an Sicherheit und Fahrspaß boten … eine gute Ergänzung zum Sorgloscharakter des Bikes, auch wenn ein leichterer Reifen dem Epsilon auch gut täte.

Zum PINION P1:18 haben wir ja bereits im Zwischenbericht (hier viel geschrieben) dem haben wir auch noch weiteren Wochen auf dem Bike nicht viel hinzuzufügen.
Es mag vielleicht an meinen persönlichen motorischen Fähigkeiten liegen, aber bis zum Ende kam es weiterhin gelegentlich vor, dass ich in den Gangstufen 6/7 und 12/13 beim Schalten „hängengeblieben“ bin – allein weil ich den Antriebsstrang nicht 100% entlastet hatte.
Manch anderer mag darin keinerlei Problem sehen, für mich bleibe es bis zum Ende ein kleiner aber realer Kritikpunkt.

Ansonsten waren sowohl das Getriebe, wie auch der GATES CARBON DRIVE Center Track Riemen ein Muster an Wartungsarmut und Robustheit.

Ich möchte das Epsilon keineswegs als „Schlechtwetterbike“ abtun, aber jedes Mal wenn es – wie in diesem Frühling so oft – schmuddelig war, viel es mir mit dem Espilon stets leichter raus zu gehen, da ich einfach wusste, dass nach der Ausfahrt kein Saubermachen und Kettenpflege notwendig waren … „Fahren, Fahren und noch mal Fahren“ ist die Devise des Epsilon (ganz ohne „Pflegen, Putzen, Ölen“ dazwischen, wie unter diesen Bedingungen mit jedem anderen Bike). In diesem Sinne trifft das MI:TECH Epsilon als Gesamtkonzept klar den Nerv „Sorglos- und Dauerläuferbike“ – etwas, das in dem Maße kaum ein anderes Bike bieten kann.

Zum mehrfach in Mails angefragten Thema „Wirkungsgrad“ der PINION P1.18 hat uns einer der PINION Manager Philip Plages folgendes geschrieben:

„Der Wirkungsgrad des Getriebes liegt zwischen einer hochwertigen Nabenschaltung und einer neuwertigen, sauberen und gerade laufenden Kettenschaltung. Planetengetriebe(-naben) haben je nach Fabrikat bis zu 4 Getriebestufen, wobei mit jeder Getriebestufe Wirkungsgradverluste in Kauf genommen werden müssen. Unser Stirnradgetriebe hat permanent 2 Stufen, verfügt  gegenüber Getriebenaben dafür allerdings nicht über den einen Gang, der 1:1 übersetzt wird, wo es zu keinem Wirkungsgradverlust im Getriebe kommt. Generell ist es sehr schwierig, absolute, vergleichbare Angaben zum Wirkungsgrad zu machen, da jeder Systemhersteller andere Rahmenbedingungen für seine Angabe zugrunde legt und der Wirkungsgrad von mehreren Parametern (z.B. Drehmoment und Drehzahl) beeinflusst wird. Einen brancheneinheitlichen Standard für derartige Messungen gibt es leider nicht. Gerade bei Kettenschaltungen, die nicht mehr neu und zudem verschmutzt sind, würden manch einer sicherlich erstaunt sein, dass der vielgepriesene „hohe“ Wirkungsgrad der Kettenschaltung in diversen Gangkonstellationen tatsächlich nicht mehr so hoch ist.“

Auch nach nunmehr über 2 Monaten mit dem MI:TECH Epsilon und dem PINION Getriebe können und wollen wir hierzu auch keine quantitativen Aussagen machen. Wenn es überhaupt einen Unterschied zur Kettenschaltung gibt, dann ist er jenseits dessen was wir selber erfühlen/-fahren konnten … und das ist als Aussage gut genug für uns ;-)).

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Testfazit:

Selten bekommen wir Bikes in den Test, die so viel Eigenständigkeit haben wie das MI:TECH EPSILON. Mit seiner längst totgesagten Federungstechnologie der Antriebsschwinge braucht das System (genau wie andere Hinterbausysteme auch) zwar einen speziell abgestimmten Dämpfer, funktioniert dann aber in der Praxis auf hohem Niveau. Die subjektive Verhärtung im Stehen bringt im Uphill (wo sie sich wie eine automatische Plattformdämpfung verhält) echte Vorteile, braucht aber im stehenden Downhill etwas an Umgewöhnung und eine aktivere Fahrweise, als man von 120 mm Federweg erwarten würde.
Dafür bekommt man damit die einmalige Möglichkeit mit einem Getriebe (ob PINION oder ROHLOFF) und GATES CARBON DRIVE Riemen den Pflegeaufwand gegen Null zu verschieben und ein echtes Sorglosbike zu das dürfte jedem Fahrer gefallen. Mit dem Verbauten PINION P1:18 sicher kein Leichtgewicht (trotz leichter Komponenten) aber ein Gedicht, was Übersetzungsbandbreite, Gangabstufungen und Witterungsunabhängigkeit angeht. Das MI:TECH Epsilon – ein sehr indivduelles Bike mit eigenem Charakter, das sich erlaubt anders zu sein und das wirklich gut macht.

Danke an MI:TECH und deren Team für den Mut dieses Bike zu bauen und die Offenheit es uns für einen Test zur Verfügung zu stellen.

RIDE ON,
c_g